Predigt

Neuer Blick auf das Leben

Wie gehen wir mit eigenem Scheitern und dem Anderer um?

PredigttextLukas 15,1-3.11b-32
Kirche / Ort:Schornsheim/Udenheim (Rheinhesssen)
Datum:21.06.2015
Kirchenjahr:3. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrer Kurt Rainer Klein

Predigttext: Lukas 15,1-3.11b-32 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

Es nahten sich ihm aber allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach:

Ein Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater:Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie. Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen. Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er fing an zu darben und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm.

Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen:Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner!

Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's; lasst uns essen und fröhlich sein! Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.

Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und als er nahe zum Hause kam, hörte er Singen und Tanzen und rief zu sich einen der Knechte und fragte, was das wäre. Der aber sagte ihm:Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet, weil er ihn gesund wiederhat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat ihn. Er antwortete aber und sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre. Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet. Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir und alles, was mein ist, das ist dein. Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

Vorbemerkungen

„Vom verlorenen Sohn“ ist unsere Geschichte, die Jesus den Pharisäern und Schriftgelehrten erzählt, überschrieben. Unter dieser Perspektive ist die Geschichte im kulturellen Gedächtnis verhaftet. Aber es geht um mehr: Um den jüngeren Sohn, der sich sein Erbteil auszahlen lässt und in die Fremde zieht. Um den älteren Sohn, der zuhause bleibt und gewissenhaft seine Pflicht tagein, tagaus erfüllt. (Die umstrittene rechtliche Beurteilung verfolge man in den Kommentaren.) Um den Vater, der beiden Söhnen in Liebe begegnet. Dem Gescheiterten geht er entgegen, zu dem Verbitterten geht er hinaus. Beiden Söhnen gibt er einen neuen Blick auf das Leben. Einen Blick jenseits selbsterbrachter Leistung und daran orientierter Gerechtigkeit.

Jesus weist darauf hin, dass das Reich Gottes andere Maßstäbe hat, die sich von unseren menschlichen Erfahrungen unterscheiden. Im Reich Gottes wartet die Liebe Gottes zu uns Menschen, die überraschend auf uns zu kommt und sich uns schenkt, ohne dass uns irgendetwas Selbsterbrachtes angerechnet würde. Die menschliche Antwort darauf kann deshalb auch nur Freude sein. Durch das Gleichnis hindurch funkelt auch Jesu Umgang mit Gestrauchelten und Außenseitern, Zöllnern und Sündern, Pharisäern und Schriftgelehrten. Er hat die Liebe Gottes gelebt. Vielleicht gelingt es uns – wenigsten ab und zu – in unseren familiären Verflechtungen, in unseren nachbarschaftlichen Beziehungen, in unserer gesellschaftlichen Verortung einen Hauch dieser bedingungslosen Liebe Wirklichkeit werden zu lassen, wo wir über unseren eigenen Schatten springen. Nicht zum großen Nutzen, sondern einfach nur zur Freude!

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Heinz Janssen
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