Predigt

"Billige Gnade"?

Reformationsgedenken - Zuspruch und Anspruch

Predigttext2.Mose / Exodus 34,4-10 * Predigt deutsch und italienisch
Kirche / Ort:Waldenser-Gemeinde / Milano / Mailand / Italien
Datum:26.10.2014
Kirchenjahr:19. Sonntag nach Trinitatis
Autor:Pfarrerin Dorothee Mack

Predigttext: 2.Mose 34,4-10 (Übersetzung nach Martin Luther, Revision 1984)

4 Und Mose hieb zwei steinerne Tafeln zu, wie die ersten waren, und stand am Morgen früh auf und stieg auf den Berg Sinai, wie ihm der HERR geboten hatte, und nahm die zwei steinernen Tafeln in seine Hand. 5 Da kam der HERR hernieder in einer Wolke, und Mose trat daselbst zu ihm und rief den Namen des HERRN an. 6 Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber, und er rief aus: HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, 7 der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, aber ungestraft lässt er niemand, sondern sucht die Missetat der Väter heim an Kindern und Kindeskindern bis ins dritte und vierte Glied! 8 Und Mose neigte sich eilends zur Erde und betete an 9 und sprach: Hab ich, HERR, Gnade vor deinen Augen gefunden, so gehe der Herr in unserer Mitte, denn es ist ein halsstarriges Volk; und vergib uns unsere Missetat und Sünde und lass uns dein Erbbesitz sein. 10 Und der HERR sprach: Siehe, ich will einen Bund schließen: Vor deinem ganzen Volk will ich Wunder tun, wie sie nicht geschehen sind in allen Landen und unter allen Völkern, und das ganze Volk, in dessen Mitte du bist, soll des HERRN Werk sehen; denn wunderbar wird sein, was ich an dir tun werde.

Exegetische und homiletische Vorüberlegungen

Der Predigttext muss in seinem Kontext verstanden und gepredigt werden. Eindrücklich ist der Vergleich mit der Erzählung in 2.Mose 19-24, bei der die ersten Tafeln mit den Geboten gegeben werden; und speziell der Vergleich von 34,6-7 mit 20,5-6. In unserem Text wird nicht mehr vom eifernden Gott gesprochen, dafür ist die Aussage über den barmherzigen Gott durch diejenigen über Gottes Gnade, Geduld und Treue verstärkt. Die Rede von den Missetaten ist an das Ende all der Aussagen über Gott gestellt und wird somit in gewissem Sinne zweitrangig. Zudem wird für den Erweis der Barmherzigkeit keine Bedingung mehr gestellt, wie in 20, 7, wo explizit zur Liebe Gottes und zum Halten der Gebote aufgerufen wird.

Ähnlich wie in der Geschichte von der Sintflut, an deren Ende Gott Bewahrung verspricht, weil er weiss, das das menschliche Herz böse ist, verspricht Gott hier seine bedingungslose Gnade, weil er weiss, dass das Volk halsstarrig ist. Gegenüber der Sintfluterzählung geht 2.Mose 34 jedoch noch einen Schritt weiter und führt in die Beziehung Gottes zu den Menschen die Dimension der Vergebung ein. In dieser Hinsicht muss auch von Verantwortung und Schuld geredet werden. (Exodus-Kommentar von Terence E. Fretheim)

Ich halte die Predigt an dem Sonntag, an dem alle protestantischen Gemeinden in Mailand der Reformation gedenken. Darum versuche ich, von den Textaussagen zur Gnade Gottes ausgehend, Brücken zu schlagen zu dem, was Martin Luther bezüglich der Gnade Gottes gesagt hat. Ich bin mir bewusst, dass wir, wenn wir vom gnädigen Gott reden, oft in der Gefahr stehen, eine Art „Wohlfühlgott“ zu predigen, den Zuspruch zu predigen und nicht mehr den Anspruch, und die Gnade damit zu einer „billigen“ Gnade zu machen. Die Aussagen unseres Textes über Gott, die zwar die Rede von den Missetaten und der Strafe hintenanstellen, aber keineswegs verschweigen, werden mich dabei unterstützen, nicht nur von Gnade, sondern auch von Schuld und Verantwortung und Umkehr zu predigen.

Stichworte der Predigt

Gnade billige Gnade Schuld Vergebung Verantwortung

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Heinz Janssen
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